17.05.2022

Insider-Einblicke von Daphne Aers (TNS Kroket): „Die Garnelenversorgung ist komplett zusammengebrochen“

In unserer 5-wöchigen Reihe befragen wir Spitzenunternehmer aus Ostflandern zu ihrer Meinung über das Leben während und nach Corona. Letzte Woche haben wir bereits mit Dirk Van Roy vom Messebetreiber EasyfairsAnneleen Desmyter vom Pflegeimmobilienanbieter AldeaDirk Deroose vom Lebensmittel- und Bauunternehmen Willy Naessens und Kristoff Van Rattinghe vom Tracking-System Sensolus gesprochen. Für den letzten Artikel dieser Reihe haben wir uns mit der ambitionierten Unternehmerin Daphne Aers von TNS Kroket in Eeklo getroffen. „Als Unternehmen aus einem Schlüsselsektor konnten wir zum Glück weiterarbeiten. Wir mussten aber schnell reagieren und haben unter anderem die internen Hierarchien verkürzt und einige andere Maßnahmen ergriffen. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren sehr froh, dass sie weiterarbeiten konnten“, beginnt Daphne das Interview über die Auswirkungen von Corona auf ihr Unternehmen. „Leider werden wir durch Corona unser geplantes Wachstum von 30 % durch Exporte nicht erreichen können. Die Exporte sind nämlich vollkommen ausgefallen.“

Investition ausgesetzt

Bei TNS Kroket war außerdem eine große Investition geplant: In Eeklo sollte ein neues Werk im Wert von 10 Millionen Euro errichtet werden. „Diese Pläne haben wir vorübergehend auf Eis gelegt“, so Daphne. „Normalerweise würden wir einen Umsatz von 11,5 Millionen verzeichnen, aber ich fürchte, dass wir diese Zahl in diesem Jahr nicht erreichen werden. Deshalb haben wir beschlossen, erst einmal abzuwarten.“

Daphne weiß aber, dass genau diese Argumentation sehr gefährlich für die Wirtschaft ist. „Heute habe ich mich mit anderen Unternehmern bei Voka getroffen. Dort wurde mir klar, dass wir alle mit unseren eigenen Problemen beschäftigt sind und Angst vor der Zukunft haben. Dadurch halten wir aber Investitionen zurück und behindern so das Wachstum oder die Umsatzrendite anderer Unternehmen. Es ist wichtig, dass wir trotz unserer Angst weiterhin in unsere Wirtschaft investieren.“

Regierung muss auch mittelständische Unternehmen unterstützen

Daphne ist außerdem der Meinung, dass die Regierung hier eine wichtige Rolle spielt: „Es gibt zahlreiche Maßnahmen für Kleinunternehmen, aber auch mittelständische Unternehmen, die weitergearbeitet haben, brauchen Unterstützung. Über solche Unternehmen wird aber oft gedacht: „Die bekommen das schon selbst in den Griff.“ Solche zukunftsorientierte Unternehmen dürfen nicht übersehen werden, wenn Fördermaßnahmen festgelegt werden. Und damit meine ich nicht Multinationals, sondern das mittlere Segment mit 30 bis 250 Beschäftigten.“

Auf die Frage, wie lange es dauern wird, bis wir die Krise vollständig überwunden haben werden, reagiert die CEO von TNS Kroket etwas negativer als unsere vorherigen Interviewpartner: „Meiner Ansicht nach wird das erst gegen 2024 sein. Es wird eine Anpassungsphase geben und wir werden eine schrittweise Erholung erleben, aber es liegt noch ein langer Weg vor uns, bevor wir wieder die 100 % oder eigentlich die 110 % erreichen werden und damit zum prognostizierten Wachstum zurückkehren.“

Garnelenversorgung komplett zusammengebrochen

In Belgien ist der Lockdown vorbei, und die Gastronomie – der größte Markt für TNS Kroket – erholt sich allmählich. Jetzt ist der Krokettenhersteller aus Eeklo aber mit einem neuen Problem konfrontiert. „Vor zwei Wochen wurden wir über die Schließung der Garnelenschälanlagen in Marokko informiert. 50 % unserer Produkte bestehen aus Garnelen. Das bedeutet, dass unsere Versorgung mit diesem Rohstoff von einem Tag auf den anderen komplett zusammengebrochen ist. Das habe ich in meiner 20-jährigen Karriere noch nie erlebt. Man muss es einfach hinnehmen und kann nichts tun.“

Daphne befürchtet auch, dass COVID-19 den Export ihrer Produkte beeinträchtigen wird: „Da die Beschaffung verschiedener Produkte nicht mehr möglich ist, muss sich jeder in seinem eigenen Land auf die Suche nach diesen Produkten machen. Dadurch werden einige Unternehmen in Zukunft vielleicht nicht mehr mit ausländischen Distributoren zusammenarbeiten wollen“, erklärt sie. „TNS Kroket verzeichnete einen enormen Aufwärtstrend. Derzeit sind wir in 18 Ländern tätig, hauptsächlich über einen großen Einzelhändler, aber seit anderthalb Jahren arbeiten wir an der Erweiterung unserer Exporte in das Vereinigte Königreich, in die Niederlande, nach Frankreich und in andere Nachbarländer. Ich hoffe, dass COVID-19 dieses Wachstum nicht aufhalten wird.“

„Auch ohne mich rollen die Kroketten vom Förderband“

Trotz allem hat Corona für Daphne auch positive Seiten, insbesondere in ihrem Privatleben. „Wenn man seit 20 Jahren im Geschäft ist, hat man als Geschäftsführerin das Gefühl, einfach unverzichtbar zu sein. Manchmal fühlt man sich verpflichtet, immer da zu sein. Da meine Kinder durch Corona nicht mehr zur Schule gehen konnten, musste ich für sie da sein. Ich habe aufs Neue gelernt, die Zeit mit ihnen zu genießen. Jetzt weiß ich auch, dass die Kroketten auch dann vom Förderband rollen, wenn ich mal einen Tag nicht im Unternehmen bin. Dadurch habe ich mehr Vertrauen in meine Leute bekommen. Ohne diese Situation hätte ich mich nie getraut, das Ganze loszulassen. Aber das wird sehr geschätzt, sowohl zu Hause als auch in der Arbeit.“

Diese Reihe mit Berichten von Spitzenunternehmern über die Coronakrise läuft auch in den anderen Regionen von Made In. In dieser Woche sind in „Klare Kijk“ unter anderem dabei: Urbain Vandeurzen (VMF Invest), Kenny Van Paesschen (ShopWeDo), Wouter De Geest (BASF/VOKA), Jan Van Eyck (Groep Van Eyck) und Caroline Van Marcke (Van Marcke).

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